Visitor Q

Bijitâ Q, Japan, 2001, Takashi Miike



















Takashi Miikes Beitrag zur direkt für den Videomarkt produzierten Love Cinema-Reihe beginnt mit einem Geschlechtsakt zwischen dem gescheiterten Journalisten Kiyoshi Yamazaki und dessen Tochter Miki, einer jungen Prostituierten. Mutter Keiko wird regelmäßig von ihrem Sohn Takuya verprügelt – eine Weitergabe des Leids, das ihm seine Altersgenossen täglich in der Schule zufügen. Eines Tages wird Kiyoshi, der das Schicksal seiner Kinder für eine Reportage über Japans verlorene Jugend ausschlachten will, von einem jungen Mann niedergeschlagen, den er daraufhin bei sich aufnimmt. Unter dem Einfluss des namenlosen Besuchers durchleben die Yamazakis ein Inferno De Sade’schen Ausmaßes an dessen Ende die Erlösung in Form familiärer Eintracht steht.

Ein oft abscheulicher, bisweilen anrührender, dann wieder brüllkomischer Film, der in keine Schublade passen will. Ob das als allegorisierendes Drama um Werte- und Moralverlust im heutigen Japan oder als schwarze Komödie oder gar als Neuinszenierung von Pasolinis Teorema gedacht war, in dem ebenfalls ein aus dem Nichts auftauchender Jüngling das Leben einer vierköpfigen Familie auf wundersame (wenn auch weniger drastische) Weise verändert, das weiß nur Miike. Visitor Q ist wie viele seiner Filme nicht greifbar, fügt Kunst und Schund unverhohlen ineinander, zelebriert den Witz und den Horror gleichermaßen. Paradox, extrem, und in jedem Fall sehenswert.

Philosophy of a Knife, Russland/USA, 2008, Andrey Iskanov

Die Einheit 731 war nach der Besetzung der Mandschurei und während des zweiten Japanisch-Chinesischen Kriegs, zwischen 1932 und 1945, eine von vielen geheimen Einrichtungen der japanischen Armee, die biologische und chemische Waffen erforschte, erprobte und einsetzte. Dazu wurden auch Experimente an lebenden Menschen vorgenommen.
Die in den Versuchen der Einheit 731 getöteten Menschen waren schätzungsweise 3500 chinesische Zivilisten und amerikanische, britische und sowjetische Kriegsgefangene. Außerdem wurden in den Jahren 1940 bis 1942 mindestens sechs Feldversuche mit Krankheitserregern durchgeführt, darunter Milzbrand und Pest, die mehrere Tausend Menschen das Leben kosteten. (Wikipedia)

Zwanzig Jahre nach Tun Fei Mous spannendem und nihilistischem Men Behind the Sun, nimmt sich der Russe Andrey Iskanov des Themas an und arbeitet die Geschehnisse in und um Einheit 731 mit einem viereinhalbstündigen Konglomerat aus Zeitzeugendoku und Splatterfilm auf.

Dialoge gibt es keine, dafür gleich drei Erzähler: Einen neutralen, dokumentarischen, der die Archivaufnahmen historisch einordnet, einen fiktiven – eine an den Versuchen der Einheit beteiligte Krankenschwester –, sowie Anatoly Protasov, der im Kriegsverbrecherprozess von Chabarowsk als Dokumentübersetzer fungierte, und über die Einheit nichts zu berichten weiß, das interessanter oder spannender wäre als die nachgestellten Szenen, aus denen der Film zum überwiegenden Teil besteht. Letztere zeigen, dass Iskanov das Thema weitaus weniger ernst nimmt als er uns und wahrscheinlich vor allem sich selbst weißmachen möchte.

Man kann ihm nicht übel nehmen, dass er Shinya Tsukamoto und seinen Tetsuo liebt, die Ereignisse der Einheit mit seinem furiosen Bild- und Tonschnitt in ein donnerndes Industrialvideo verwandelt; auch seine Freude am Inszenieren extremer Folterszenen und dem hemmungslosen Verschütten von Kunstblut geht prinzipiell in Ordnung. Kino muss ja nicht politisch korrekt sein oder moralisch oder klug. Nur ehrlich, das sollte es sein. Deshalb ist es Iskanov auch kaum zu verzeihen, dass er seine avantgardistisch-hippe, ultrabrutale Grand Guignol-Nummernrevue mit dem Dokuteil und einer Widmung ("to all victims of war") zu rechtfertigen versucht. Hätte er doch bloß darauf verzichtet und Philosophy of a Knife ganz und gar auf das exploitative Blutbad reduziert. Ein guter Film wäre er dann zwar immer noch nicht geworden – dazu sind die Darsteller zu schlecht und die Make-up-Effekte zu billig –, aber wenigstens ein radikaler und ehrlicher.



Rapid Fire

Rapid Fire, USA, 1992, Dwight H. Little

Actionreißer von 1992. Brandon Lee, der kurze Zeit später bei den Dreharbeiten zu The Crow tragisch ums Leben kam, wird hier Zeuge eines Mafiamordes und gerät zwischen die Fronten rivalisierender Drogenbosse und korrupter Federal Agents.

Zur falschen Zeit am falschen Ort, muss der kampfsporterprobte Kunststudent Jake mit ansehen, wie Drogenbaron Antonio Serrano sich eines Konkurrenten entledigt. Das FBI will, dass Jake vor Gericht gegen Serrano aussagt, und lässt ihn als Kronzeugen bewachen. Als sich seine vermeintlichen Beschützer als von Serrano geschmiert entpuppen, tötet Jake sie aus Notwehr. Von der Polizei als Mörder und von der Mafia als Zeuge gejagt, findet er bei einem auf eigene Faust operierenden Cop Unterschlupf, der Serrano nach Jahren erfolgloser Ermittlertätigkeit endlich dingfest machen will. Jake soll sein Köder sein.

Powers Boothe gibt eine nette Vorstellung als raubeiniger Bulle, der im Laufe des Films immer mehr zu einer Art Ersatzvater für Lee wird. Die Reibereien zwischen den beiden sind amüsant, wenn auch sehr bündig. Generell werden keine größeren Ablenkungen von der Action zugelassen: alle paar Minuten eröffnet jemand das Feuer oder es knacken die Knochen. Lee tritt hierbei in die Fußstapfen seines Vaters, der Kampfsportlegende Bruce Lee, und liefert sich Fights am Fließband, so hart und bodenständig inszeniert wie seine Schläge und Tritte effektiv. Für Fans des Genres ein Fest.

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